Projektdeadline contra Stressabbau – das Dilemma der Willigen

Es ist Montag Nachmittag. Philipp sitzt mit seinem Kaffee am Schreibtisch. Er ist Finanzbuchhalter und macht sich Gedanken über die vor ihm liegenden Wochen.

Die Übernahme eines kleineren Wettbewerbers hat für ihn und seine Kollegen in den letzten Monaten viel Stress bedeutet. Oft hat Philipp zusammen mit seinen Kollegen bis spät abends an seinem Schreibtisch gesessen, um neben der täglichen Arbeit zusätzlich die ganzen Projektaufgaben innerhalb der gesetzten Fristen zu bewältigen. Das hat viel Kraft und Energie gekostet.

Eigentlich hatte er sich deshalb vorgenommen, diese Woche früher nach Hause zu gehen, Sport zu machen und Zeit mit der Familie zu verbringen, um seine Akkus wieder aufzuladen. Schließlich steht in wenigen Wochen schon der Jahresabschluss an. Das ist die Zeit im Jahr, in der die ganze Abteilung jedes Mal Vollgas gibt. An Pausen ist in der Zeit nicht wirklich zu denken.

Aber wenn Philipp sich sein überquellendes Email-Postfach anschaut, dann kann er es sich eigentlich nicht erlauben, diese Woche kürzer zu treten und einfach mal durchzuschnaufen und den aufgestauten Stress abzubauen. Seinen Kollegen geht es da nicht anders. Es ist zum Schreien.

Das „Dilemma der Willigen“

Viele Unternehmen haben inzwischen erkannt, das die psychische Gesundheit und Widerstandsfähigkeit wichtige Ressourcen ihrer Mitarbeiter sind. Sie fördern deshalb Mitgliedschaften in Fitnessclubs und Sportvereinen durch finanzielle Unterstützung oder bieten Achtsamkeitskurse und Anti-Stress Seminare.

Idealerweise schaffen Führungskräfte darüber hinaus eine Atmosphäre des Vertrauens. Diese erlaubt es ihren Mitarbeitern, Überlastungen offen anzusprechen und gemeinsam Lösungen für den akuten Fall zu suchen.

Dennoch beobachte ich immer wieder, wie Mitarbeiter allein vor dem Dilemma stehen, kurzfristig die nächsten Projektfristen einhalten zu müssen, obwohl die Energie-Akkus dringend einer Aufladung bedürften, um langfristig leistungsfähig zu bleiben.

Die meisten Mitarbeiter sind motiviert, gute Arbeit zu leisten und die Anforderungen ihrer Arbeitgeber zu erfüllen. Doch sobald sie auf der anderen Seite auch darauf achten müssen, ihre langfristige Leistungsbereitschaft aufrechtzuhalten, laufen sie ganz schnell in das, was ich das „Dilemma der Willigen“ nenne.

Sportteams als Vorbilder

Bei allem Verständnis, das Unternehmen mittlerweile für die Wichtigkeit von psychischer Gesundheit und Widerstandsfähigkeit ihrer Mitarbeiter entwickelt haben, fehlen bisher der bewusste Umgang und der zielgerichtete Einsatz dieser Ressourcen.

Sportteams bereiten sich ganz gezielt auf bestimmte Ereignisse oder wichtige Phasen innerhalb des Sportjahres vor. So sind sie in der Lage, zu diesen Höhepunkten Vollgas zu geben.

Dazu muss man sich im Klaren sein, in welchen Phasen schon jetzt absehbar ist, das Höchstleistungen benötigt werden. Es ist wichtig, das Leistungsniveau gezielt auf diese Phasen und Events auszurichten und zu entwickeln. Ebenso kommt es darauf an, zwischendurch bewusst zu regenerieren. Welcher Spieler muss wann geschont werden, damit er dem Team zum richtigen Zeitpunkt am meisten helfen kann?

Arbeitsteams sind da sehr viel unbedarfter. Welches Team hat sich schon einmal gezielt die Frage gestellt, in welchen Phasen innerhalb der nächsten 6 oder 12 Monate es die höchste Leistungsfähigkeit als Team benötigt. In welchen Phasen können wir einen Gang zurückschalten oder es einzelnen Teammitgliedern ermöglichen, bewusst zu regenerieren? Wie sehen die Energiereserven jedes einzelnen Teammitglieds aktuell aus und was braucht der Einzelne um in Höchstform zu sein, wenn es darauf ankommt?

Und nicht zuletzt: wie können wir im Team mit den alltäglichen Unwägbarkeiten umgehen, die Projekte und andere kurzfristige Herausforderungen im Hinblick auf diese Planungen mit sich bringen?

Energielevel als Team-Ressource verstehen

Selbstverständlich stehen psychische Gesundheit, Widerstandsfähigkeit sowie der persönliche Stressab- und Energieaufbau zuallererst in der Verantwortung eines jeden Arbeitnehmers. Dazu braucht es das Bewusstsein des Mitarbeiters für diese Verantwortung sowie die Kompetenz, sorgsam mit den eigenen Ressourcen umzugehen.

Führungskräfte und Unternehmen stehen in der Verantwortung, die dazu notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen.

Wenn Teams diese individuellen Ressourcen aber ganz bewusst einsetzen und ihre Leistungsfähigkeit als Team gezielt verbessern möchten, dann geht dies nur gemeinsam im Team.

Das „Dilemma der Willigen“ lässt sich nie ganz vermeiden. Aber wenn Energiehaushalt und Stresslevel aktiv gemeinsam im Team ausbalanciert werden, dann minimiert sich die Wahrscheinlichkeit des Einzelnen, in dieses Dilemma zu geraten.

Wir bei Breuel & Partner helfen Ihnen gerne dabei.

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